Gehe ich heute zum Amt, und will mich ummelden. Ist ja so Brauch und gute Sitte. Die Leute vom Amt haben auch freundlicherweise ein kleines Nummern-Zieh-Dingen aufgestellt, damit jeder weiß, wann er drankommt. Flugs also hingeeilt und eine Nummer ergattert: 563. Ich gucke auf die Tafel, die mir anzeigt, wie lang ich warten muss: Nächster Kunde an Schalter 2: 501. Waaaaah! Ich gucke ein zweites Mal. Nee, immer noch das Gleiche. Das kann ja dauern. Im Warteraum sitzen aber definitiv keine 60 Leute, also denke ich, naja, vielleicht schaltet der Automat irgendwie um nach 10 Leuten und geht gleich zur 60 oder alle sind schon heim.
Ich also erst mal zum Bäcker, Frühstück erwerben und eine Zeitung, man will sich ja politisch bilden, während man wartet. Und man hat ja Urlaub, muss also nicht wieder ins Büro. Eine Breze und eine SZ später kommen mir erste Zweifel: da sind wir nämlich leider erst bei 502. Lustig ist es aber, den Neuankömmlingen zuzusehen: Gehen zum Nummern-Apparat, Nummer ziehen, draufgucken, auf die Tafel gucken und WAAAAAH! Die meisten gehen gleich wieder.
Da kommt eine Frau mit Kind, ignoriert die Nummern und geht gleich rein. Was?? He, Frau mit Kind, wir warten hier alle! Als ich mich grade echauffieren will, sehe ich ein Schild: Frauen mit Kindern müssen nicht warten. Na super, die einzige Bevölkerungsgruppe, die ins Amt gehen kann, ohne, dass es mit ihrem Job kollidiert, die können gleich rein. Ich fühle mich diskriminiert und beschließe, das nächste Mal einen Gartenzwerg im Kinderwagen mit mir zu führen.
Da fällt mein Blick auf den Boden: Ha, eine Nummer! Es ist die 534, was meine Chancen, doch noch in diesem Jahrhundert dranzukommen, deutlich erhöht. Ich denke mir also: Na, gehe ich mal einkaufen und komme dann wieder. Nach einem ausgiebigen Shopping-Bummel bei Kaufhof und 30 Minuten in der Schlange bei der Postbank kaufe ich noch ein Eis und wandere dann wieder zurück Richtung Amt. Juchz Juhei! Der Nummern-Anzeiger ist bei 504. Die Luft ist im übertragenen und wörtlichen Sinne reichlich dick im Warteraum. Als eine etwas minderbemittelt aussehende Dame vom Amt die Nase aus dem Büro steckt, und fragt, ob jemand nur eine Beglaubigung brauche, das könne sie auch, kommt Murren und Zähneknirschen auf und eine Dame verliert kreischend die Nerven.
Fröhlich lege ich meine Nummer 534 auf den Nummern-Abreißer, auf dem inzwischen ein Zettel klebt “Aufgrund technischer Probleme können wir keine weiteren Nummern ausgeben”, sehe, wie die Leute ab Nummer 535 wie Haifische vor dem Köder um meinen Zettel kreisen und entschwinde ins Mittags-Sonnenlicht. Man hat ja Urlaub und Montag um 7.30 ist auch noch ein Tag.
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