Brummfisch

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Babel

December 9th, 2006 · 9 Comments

Bin nach langer Zeit mal wieder in der Sneak gewesen und bibberte die ganze Zeit, bevor der Vorhang aufging, ich müsse gleich blutiges Maya-Gemetzel über mich ergehen lassen. Die Aufregung war allerdings umsonst, es handelte sich um den Film Babel, vor dessen Titel man noch eine kleine Palme d’Or von Cannes gesetzt hatte, um dem Zuschauer zu zeigen, dass es sich hier um großes Kino handelt. Nach ca. einer Stunde hochdramatischem Emotionsdramaemotionskino (habe ich Drama und Emotion erwähnt?) hätte ich mir allerdings fast gewünscht, jemand würde rasch einen Maya von einer Klippe stoßen. Naja, nur fast.

Babel ist einer dieser Filme, bei dem sich mehrere Handlungsstränge umeinander drehen, alles hängt irgendwie zusammen - allerdings manchmal ziemlich an den Haaren herbeigezogen, wie auch einige hochdramatische Plot-Wendung, damit wir die Charaktere ordentlich leiden sehen. Worum geht’s?

Da ist zum einen Brad Pitt (ja, jetzt seid ihr aufgewacht, oder wie?), der mit seiner Frau (Cate Blanchett) mit dem Bus durch Marokko tourt, um den plötzlichen Kindstod seines Babys zu verarbeiten. (Macht man ja gern mal, Marokko ist ja auch schön zur Mandelblüte und so.) Die Frau wird jetzt aber dummerweise aus Versehen von zwei Kindern mit einem Gewehr angeschossen (das Gewehr kann übrigens offensichtlich total gut um die Ecke zielen, weil die Kinder schießen von links vorn und Cate sitzt rechts hinten, aber den Gaffe wollen wir dem Regisseur einfach mal durchgehen lassen). Brad muss also jetzt Cate durchbringen, und zwar in einem staubigen Dorf ohne Arzt, während die andern Bus-Passagiere (stellvertretend für den hässlichen Europäer in Dritte-Weltländern) nölen und meutern.

Brad und Cate haben ihre zwei anderen kleinen Kinder übrigens in der Obhut der mexikanischen Nanny gelassen (macht man ja mal, wozu sich um die alten Kinder kümmern, wenn das neue Kind den Kindstod gestorben ist). Die Nanny will aber zur Hochzeit ihres Sohnes und weder sie noch Brad haben Freunde, die sich um die Kinder so lange kümmern können. Man fährt also samt Kindern über die Grenze nach Mejico, wo es staubig ist und ayayay-Musik spielt und Leute auf der Straße lungern. Nicht wie in Marokko, wo es staubig ist und boioioing-dudeludelei Musik spielt und Leute am Berg mit Ziegen lungern.

Und damit Marokko und Mejico nicht zu ähnlich sind, hat man noch einen dritten Handlungsstrang dazwischengepackt, nämlich Handlung in “techno-nznznz” Tokio. Und damit Tokio irgendwie dazugehört, kommt das Gewehr, das Cate angeschossen hat, direkt von da. Aber das ist Nebensache, auch wenn man ein schlecht gephotoshopptes Bild vom Japaner beim Jagen in Marokko an die Wand gepinnt hat. In Tokio also wohnt ein Mädchen, das hat scheussliche Probleme. a) ist sie taubstumm, b) noch Jungfrau, c) hat ihre Mutter sich vom Balkong gestürzt/erschossen, d) will kein Junge mit ihr poppen, weil a), was mit Problem b) nicht weiterhilft. Darum zieht das Girl ständig ihre Unterhose aus und gewährt interessierten Jugendlichen wie weiland Brittaney Schpiers diverse Einblicke. Trotzdem will keiner ran. Und was hat das mit Marokko zu tun? Boioioing, staubig.

Brad und Cate noch am Röcheln. Marokkaner herzensgut, Amerikaner paranoid (Terroristen).

Ayayayay! In Mejico wird geheiratet. Wie dem so üblich ist, trinkt der Mexikaner viel Tequila, schießt dann mit dem Revolver in die Luft und fährt besoffen mit dem Auto. Man wird, wie nicht anders zu erwarten, an der Grenze aufgehalten und nach wilden Verfolgungsjagden etc. wird die Nanny samt Kindern von der amerikanischen Polizei eingesackt. (Mehr Drama.) Was hat das mit Tokio zu tun? “Nz, nz, nz - Shibuya!”

Die Metapher “Irgendwie funktioniert Kommunikation schon ganz schön schlecht” (die uns ja auch der Titel ganz unauffällig näherbringt), ist natürlich im Tokio-Strang besonders subtil vermittelt mit dem taubstummen Mädchen und so. Die nimmt Drogen, hängt in Diskotheken rum, versucht, mit ihrem Zahnarzt/dem Cousin der Freundin/einem Cop zu poppen, hat dann einen Nervenzusammenbruch (Mutter/Balkon) und schreibt dann auch Dinge auf einen Zettel, die wir nie zu sehen kriegen, Open End ist immer gut.

Ach ja, Cate in Marokko (dudeludelei) überlebt dann doch am Schluss und die Nanny wird abgeschoben (Illegal!). Das um die Ecke schießende Kind liefert sich einen Shoot-Out mit der lokalen Polizei und sein Bruder wird erschossen (Drama!) Und das Tokio-Kind ist immer noch Jungfrau (wenn auch nackt aufm Balkong).

Man sieht dem Film schon an, woher der die Cannes-Palme abgestaubt hat … er ist ziemlich konstruiert, symbolische Ãœbergänge, Farbwechsel, Himmelsimpressionen, die den Fortgang der Handlung symbolisieren, parallele Bildwelten undsoweiterundsofort. Aber das in Zusammenhang mit der arg hochdramatischen Handlung nimmt einem irgendwie die Möglichkeit, sich dem Film persönlich zu nähern und ihn nicht als abstraktes Kunstwerk zu betrachten. Was der armen Familie alles zustößt…am Schluss fehlt nur noch ein Erdbeben, das ihr Haus einreißt oder die Pest- und Cholera-Epidemie, die man unachtsam aus Marokko eingeschleppt hat. Ein bisschen weniger dick aufgetragen hätte dem Film vielleicht gut getan.

Ich persönlich konnte mich mit dem Film nicht so wirklich anfreunden, habe aber die Botschaft “Läbbe ist schlecht und wir reden alle aneinander vorbei” so verinnerlicht, wie mir vorgetragen. Also immerhin 6 von 10 möglichen “AyayayMamaIchBinJaSoUnglücklich”-Punkten.

Für Freunde von “Lost in Translation”, Filmstudenten, Leuten mit Baskenmütze, die gern lange über Symbolik reden und für Fans der anderen Filmen vom gleichen Regisseur (Amores Perros und 21 Grams) - jedenfalls vermutlich, ich habe sie nicht gesehen, aber sie scheinen mir relativ ähnlich vom Erzählstil.

Nix für Frauen, die bei “Brad Pitt” gleich glasige Augen kriegen (man hat Herrn Pitt hässliche Kummer-Falten angeklebt und graues Haar angesprayt).

Tags: Ein Kino-Mon berichtet

9 responses so far ↓

  • 1 DonParrot // Dec 9, 2006 at 10:50 am

    AyAyAyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyy!
    Ich liebe Deine Filmkritiken.

  • 2 katrin // Dec 12, 2006 at 10:42 am

    Aber ich habe ‘Lost in Translation’ gemocht…:-) bust somehow do not think I’d like this one.

  • 3 polly // Dec 15, 2006 at 9:15 am

    zu haar angesprayt fällt mir herr lagerfeld ein, den ich gestern im fernsehen erkennen konnte. der hatte irgendwie kunstschnee auf dem kopf. sehr merkwürdig…

  • 4 jan // Dec 26, 2006 at 7:03 pm

    Was stand denn nun auf dem Zettel drauf?
    Ich habe meine Mutter erschossen und deswegen springe ich jetzt vom Balkon?
    Dann wäre sie aber bestimmt schon tot gewesen, als der Vater reinkam.
    Oder aber etwas belangloses, da der Polizist auch beim lesen so gelangweilt geschaut hat?

  • 5 einmon // Dec 27, 2006 at 2:04 am

    Jedenfalls war es verdammt schnell geschrieben, denn sie brauchte ja genau 2 Sekunden, hatte aber dann das ganze Blatt vollgekritzelt. Vielleicht war es eine Einkaufsliste? Brot und Mehl, Brot und Mehl.

  • 6 Matzel // Dec 28, 2006 at 6:07 pm

    Super Kritik. Nach und während dem Film habe ich schon gefragt “Warum das alles - Wat willste mir sagen, Junge”. Der Film ist langweilig und konstruiert und entbehrt manchmal jeder Logik. Ah, um Kommunikation, bzw. deren Fehlen sollte es gehen. Das habe ich jetzt erst im Nachhinein erfahren. Ich dachte es ging um allein gelassene Kinder in Tokio, Marokko und Mexiko und wie dann die Alten Scheiß bauen und die Kinder dann arm dran sind…

  • 7 nimms' mir nicht übel... // Jan 3, 2007 at 12:29 am

    das ist nicht nur die mit abstand schlechteste rezension, die ich zu diesem film gelesen habe, sondern auch die unsachlichste. schau mal auf deinen satzbau und die wörter, die du verwendest. das ist grausam zu lesen.

  • 8 einmon // Jan 3, 2007 at 1:51 pm

    *schaut auf den Satzbau und die Wörter* Ups, da ist es ja, das Doppel-S in “scheusslich”, wo eigentlich ein scharfes Ess hingehört hätte. Tut mir voll leid, wird nicht mehr vorkommen! Aber mit der Sachlichkeit weiß ich nicht, ob ich da dienen kann, dat is nich so meines. Wobei ich ja nun auch nicht das Bundesverfassungsgericht bin und somit Sachlichkeit nicht unbedingt oberstes Gebot ist.

    Wo kommt ihr eigentlich alle her, ihr Babel-Kommentar-Kommentierer? Also jetzt nicht Sie persönlich, Herr Anonymus da hinten, sondern alle da. So viel Aufmerksamkeit hatte ich seit den Karl-May-Festspielen in Radebeul noch nicht. Ich muss wohl öfter mal wieder in die Sneak gehen. Obwohl, dann werde ich gewisslich dazu gezwungen, “300″ anzusehen (”THIS.IS.SPARTAAAAA”), und dann ist die Sachlichkeit wieder beim Teufel.

  • 9 catwoman // Oct 21, 2008 at 10:51 pm

    also bitte meine Herren, hier geht es um film rezensionen, nicht vorbildsverurteilte weltliteratur. Das mus unsachlich und subjektiv sein, da man sonst auch genauso gut ne Inhaltsangabe lesen und sich einen abgähnen könnte.
    Man stelle sich das mal vor: es hieße nicht mehr “der film war witzig”, sondern “in der 31. Minute bemerkte die durch Brad Pitt verkörperte Figur den folgenden Kommentar, der aufgrund seines ironischen Pathos in den westlichehn Kulturkreisen, die der Regisseur als größtes Publikum beabsichtigt, als witzig gewertet werden kann. ”
    Das wäre natürlich auch zum schießem, jedoch eher mit dem Verfasser als Zielscheibe.
    Wer seriöses blabla möchte, hat eine viel zu gr0ße auswahl vor sich, als dass er sich auf diese Seite gesellen und Ansprüche stellen könnte.

    Da ich den FIlm ebenfalls bereits gesehen habe, kann ich nur von Glück sprechen, dass ich durch diese Kritik davor bewahrt wurde dem charme von Senor Iñárritu zu verfallen und Mumu-Parade gekoppelt an gringo-sause und schiess-spiele in der wüste durch dramatische Färbungen tatsächlich für hohe Kunst zu halten.
    Was natürlich NICHT heißt, dass ich den Streifen als schlecht abstempeln will. Im Gegenteil: abgesehen davon, dass die Verkettung ein bissl aus den Fingern gelutscht ist, d.h sich z.B niemals die ganze Weltpresse auf eine angeschossene Amerikanerin in marokko konzentriert, während in Nachbarländern ganze Touristengruppen verschwinden, sind die einzelnen Menschenschiksale in den verschiedenen Ländern unbeschreiblich authentisch portraitiert.
    In Japan beleuchtet Herr regisseur Themen, die ganze Massen betreffen, wie z.B die hohe Selbstmordquote und gesellschaftliche Einstellung dieser gegenüber. Außerdem bringt er die Sorge vieler älterer japaner auf den tisch: nämlich der moralische und kulturelle Umbruch der Jugend, die große Konsum und Rausch Szene und Einbindung von körperlich Behinderten in den gesellschaftlichen Alltag, die in der jap Öffentlichkeit eine weitaus größere Rolle spielt als hierzulande (in Japan gibt es keinen Gehweg ohne Blindenroute im Boden, Keine Treppenstufen ohne Rollüberführung, kein Schild ohne Blindenschrift, keine elektrishen Türen, die vor jeder Bewegung Lämpchen aufleuchten lassen für die Warnung von Gehörlosen)

    Und in Mexico! Kaum Amigos, die nachts die Grenze in die USA überqueren wollen und von US Polizisten wie Drogendealer kontrolliert werden, da die Bullen aufgrund schlechter Erfahrungen bis zum obenhin voll mit vorurteilen zugedröhnt sind. Das hat schon wieder fast einen gewissen L.A-Crash touch.
    Und natürlich die Marokkaner, die von fetten Industrieland-Bewohnern alle aufgrund ihrer Gewänder für terroristen gehalten werden, da es ja schon mal terroristen mit ähnlicher kutte und bart in den NAchrichten gab.

    Und allen gehts selbstredend schlecht, da es in der Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen und Gesellschaftsgruppen (taubstumme - hörende; Gringos - amis ; reiche weiße - bäuerliche araber) immer zum berühmten Konflikt kommt.

    Das ist zwar wirklich nichts neues, aber herr Alejandro González Iñárritu hat es ganz wundervoll formuliert. Aus seiner eigenen Sicht, d.h unsachlich, weshalb man ihm die um die ecke schießenden Kinder nachsehen kann.

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