Brummfisch

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Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull

May 22nd, 2008 · No Comments

Mensch, das war ja eben wie eine kleine Zeitreise in die 80er Jahre! Als wäre die Uhr stehen geblieben und das Rad der Filmgeschichte hätte sich nicht EINEN ZENTIMETER weitergedreht. Ich bin ja praktisch mit Harrison Ford in all seinen Inkarnationen aufgewachsen und pubertiert, insofern fühle ich mich wie frische 15 und habe das Gefühl, ich müsse jetzt ein bisschen zu viel Make Up auflegen und meine asymmetrische Bluse mit den Schulterpolstern auf eine Party mit Apfelkorn ausführen und Schieber tanzen.

Ja, da hat der Herr Spielberg wieder sämtliche Tricks aus der Indiana-Jones-Mottenkiste herausgezogen - im Film werden vom rüstigen Senior Henry Jones Junior Nazis Kommunisten geprügelt, Panzer in die Luft gesprengt, antike Tempel vandalisiert, und mit Peitschen und Schlangen hantiert, dass es eine wahre Pracht ist. Zudem überlebt Herr Jones sowohl eine Atomexplosion als auch diverse Verfolgungsjagden zu Wasser und zu Land.

Das ist natürlich nicht ganz kostengünstig und so hat man ein bisschen Geld eingespart, indem man auch für die CGI-Tricks die Jungs aus den 80ern noch mal rangeholt hat, und außerdem beim Stuntman für den Herrn Ford einfach einem, der nur entfernt so aussieht, eine schlecht sitzende Perücke auf den Kopp gestülpt hat. Außerdem sieht der im Titel befindliche Crystal Skull ungefähr so aus wie eine Plastik-Pralinendose vom Aldi für 5,95 Euro, in die eine Plastikfolie gestopft wurde. Was meines Erachtens ausnahmsweise nicht an schlechter Computeranimation liegt, sondern daran, dass man für den Film in eine Plastik-Schädelform eine Plastikfolie gestopft hatte. Außerdem hat man, statt wie es sich gehört, Peter O’Toole anzuheuern, für die Rolle des alten dodderigen Typen John Hurt verpflichtet (der vage aussieht und agiert wie Helge Schneider). Und:

ACHTUNG SPOILER (eigentlich, wobei nach ca. 10 Minuten Erklären der Handlung auch klar ist, was da am Ende passiert)

Herr Spielberg hat auch noch die Aliens aus “Close Encounters” sowie anscheinend die ET-Maske noch einmal abgestaubt, man soll ja Gutes nicht verkommen lassen.

Aber man will ja nicht zu viel meckern: mit ein bisschen Suspension of Disbelief geht das alles schon und man kann fröhlich wieder seine Jugend aufleben lassen, während man Popcorn in sich reinschiebt und jubelt, wenn der Nazi Kommunist eins auf die Fresse kriegt oder die “Rote Reiselinie” uns anzeigt, in welchem Land der Herr Jones gerade zugange ist. Muss ja nicht jeder Film einen oscar-prämierten Plot haben.

Beim Plot setzt übrigens auch mein einziger richtiger Kritikpunkt an - ein bisschen mehr Kohäsion und weniger Reminiszenz hätte dem Film gut getan. Obwohl, ich nehme das zurück: Gerade beim Plot hätte die Reminiszenz sogar etwas stärker sein können. Die bisherigen Indy-Filme verliefen nämlich eher geradlinig und spannungsmäßig mit aufsteigender Tendenz:
- Indiana Jones gerät unversehens in einen archäologischen Fall mit mystischem Background, an den er nicht so recht glaubt
- Indiana Jones trifft Schnecksche
- Indiana Jones prügelt sich mit Nazis / gräbt sich durch Tempel / fällt in Schlangengruben / sprengt Kübelwagen von Panzern / buchstabiert IEHOVA und glaubt immer noch nicht an den mystischen Background
- Indiana Jones gerät in immer größere Probleme mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad und fängt langsam an, sich zu wundern
- zum Höhepunkt des Films stellt sich sich der MYSTISCHE BACKGROUND als völlig korrekt heraus und Indiana Jones muss sich eines Besseren belehren lassen.

Dieser Plot hingegen verlief so:
- Lange passiert nix
- ATOMEXPLOSION !!!
- Indiana Jones gerät in einen Fall mit unklarem Background, findet er super und auch mystisch
- Indiana Jones trifft Sohn vom Schnecksche
- MYSTISCHER BACKGROUND enthüllt sich
- Indiana Jones ist total überzeugt vom mystischen Gegenstand, dem “Skullus ex machina”
- Indiana Jones fällt in Ameisengruben / in die Hände von Russen / unter Inkas / in antike Tempel und hebt stets und ständig zur Rettung aus der jeweiligen Situation den Skullus ex machina hoch
- ALIENS !!!

Ein wenig konfus und ohne eben jenen Indy-typischen Handlungsbogen. Naja, es hätte schlimmer sein können - der Herr Lucas hat sich bei mir ja immer noch nicht schriftlich für “Phantom Menace” entschuldigt. Es war halt eine Aneinanderreihung lustiger Indiana-Jones-macht-actiongeladene-Sachen-Vignetten, nicht mehr und nicht weniger. Aus dem neuen Indiana Jones ist so ein ganz unterhaltsamer Film geworden, den man sicherlich nicht so ernst nehmen sollte, der aber gute und solide 80er Jahre-Unterhaltung liefert, und das ist ja auch wichtig, wenn man noch in ca. 20 Jahren im Super-RTL-Vorweihnachtsprogramm laufen soll.

Wobei er nicht wirklich den Spaßfaktor der vorhergehenden Filme erreicht - ich hätte ihn aber immerhin knapp über dem “Temple of Doom” angesiedelt. Daher verleihe ich ihm auch nur 7 Fedora-Hüte von 10 möglichen. Gut geeignet für Leute, die so alt sind wie ich (ca. 29 nämlich), Leute, die gerne mal 1,5 Stunden Popcorn mampfen und Achterbahn fahren, Leute, die nicht auf Cannes-Palmen bei der Filmwahl gucken, und vor allem Leute, die nicht den ganzen Film über darüber nachdenken, warum die Nazis Kommunisten nicht den ersten Kristall-Schädel, den sie fanden, mit in den Tempel nahmen. Nicht für Leute, die ihr Nitpick-O-Meter nicht ausschalten können (”Da wär der doch schon längst ohnmächtig” “Das geht doch rein physikalisch nicht!” “Es gibt doch gar keine Aliens”).

Tags: Ein Kino-Mon berichtet

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