Auch heute hatte der Wetterfrosch nicht gelogen: Strahlender Sonnenschein erfreute mein Herz, so dass der Schirm direkt zu Hause bleiben konnte. Ich machte mich also auf nach Odaiba, mit der Schwebebahn Yurikamome. Die fährt kurz vor der Tokyo Bay noch eine lustige Schleife, bei der ich mir nicht sicher war, ob die von der Stabilität her nötig war, oder ob die Japaner sich nur gedacht haben, Schleifen fahren sei lustig. Zumindest war die Schleife auch auf dem U-Bahn-Plan im Waggon eingezeichnet so als kleines Highlight.
Der Strand sah aus wie ein Boardwalk in den USA, er war ja nun auch künstlich aufgeschüttet, davor waren viele Shops und Restaurants - und eine kleine Freiheitsstatue. Die habe ich natürlich gleich im Bild festgehalten, und ein kleiner Japaner erbot sich auch, mich davor zu fotografieren, also habe ich auch mal ein Bild von mir, wie ich das Victory-Zeichen mache.
Ich wanderte so hin und her über den Strand, ging ein bisschen durch die Shops, kaufte mir einen Hut (weil meinen hatte ich vergessen und es war schon ziemlich sonnig, Sonnenbrand habe ich auch, habe ich gerade festgestellt), und fuhr mit dem riesengroßen Riesenrad, das da steht, zu horrendem Preis. Aber man muss ja auch alle touristischen Attraktionen mitnehmen. Dann guckte ich in eine Riesenhalle mit Spielautomaten, und dankte Gott, dass es nicht Wochenende war, denn obwohl es ja unter der Woche war, trieben sich dort bereits einige japanische Schulklassen da herum, und die können ja einen astronomischen Geräuschpegel verursachen - und am Wochenende tobt da in Odaiba sicher der Bär.
Wobei sich der Strom der Jugendlichen vor der Halle dann ordentlich aufteilte: Die Mädchen gingen ins “Venus Fort“, unter künstlichem Himmel in kitschiger Mall shoppen, die Jungs ins “Toyota Megaweb“, Autos angucken. Früh sozialisiert sich, was ein ordentliches Geschlechterstereotyp werden will. Ich also flugs den Jungs nach, auch Autos gucken, weil kitschiger Himmel, da kriege ich Brechreiz von. Drin fuhr ich mit einem kleinen Elektroauto einmal im Kreis herum (”Press the button and then YOU NO DRIVE!”). Dann ging ich Mittagessen, schön auf einer Terrasse mit Blick auf die Rainbow Bridge, und freute mich, dass ich auf der Karte einen Moscow Mule entdeckte. Wie dahoam!
Anschließend holte ich mir ein Eis, und weil man ja nicht beim Laufen essen oder trinken soll (To Go, Schmu Go, geht nicht in Japan, man muss immer rumstehen, auch beim Starbucks mit seinem Kaffee), setzte ich mich damit an den Strand und guckte den Japanerinnen zu, die mit Overknee-Strümpfen, Minirock und 10-Inch Absätzen durch den Strand stöckelten. Ja, das kommt von der Geschlechtersozialisation, hoch leben der Feminismus, schlecht rasierte Beine und Birkenstocklatschen.
Ich hingegen machte es mir am Strand schön gemütlich und verdrückte auch noch ein Crepe (muss man in Japan bei Freizeitaktivitäten immer essen) sowie traditionell japanische McDonalds Pommes (weil er grad da war) und “las” meinen neu erworbenen Manga. Daher auch der Sonnenbrand. Als dann die Sonne weg war, wanderte ich wieder zurück zur U-Bahn, wobei mir die “NEKO-CITY” begegnete, ein Ort, wo man sich in ein fake Wohnzimmer begeben kann und Katzen streicheln. Das kostet 1.200 Yen die Stunde, Futter nicht inklusive. Ich habe da so eine Geschäftsidee für zu Hause…
Anschließend fuhr ich wieder zurück in mein Viertel, und wollte eigentlich noch abenteuerlustig eine Pachinko-Halle betreten, aber ich war irgendwie müde und gar nicht abenteuerlustig, und Pachinko-Hallen sind so UNGLAUBLICH LAUT, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man keine je gesehen hat. Also dachte ich, mach dir mal nen ruhigen Abend und geh was essen. Nu konnte ich ja nicht mehr in mein ruhiges Sushi-Restaurant, weil ich mich da ja schon zum Affen gemacht hatte, und latschte so auf der Suche nach was Neuem herum. Ich wollte aber nicht wirklich viel essen, und war irgendwie unschlüssig. Nach ungefähr einer Stunde Latschen (zu fettig / sieht teuer aus / da sind nur betrunkene Geschäftsmänner drin / Mexikanischer Japaner? / noch mehr betrunkene Geschäftsmänner / Ein Inder? / Nicht schon wieder ein Automat) war ich mit den Nerven am Ende und steuerte einfach das erste Sushi-Restaurant an, das sich mir in den Weg warf.
Der Sushi-Meister guckte mich missmutig an und pöbelte, als ich die Namen der Sushi falsch aussprach, weia. Später fand ich heraus, dass er missgestimmt war, weil viel zu tun war, und er eine neue Bedienung hatte, die keine Ahnung von nix hatte. Die Bedienung sah zum Schreien komisch aus wie ein Nerd aus einem schlechten Film, sie trug eine RIESIGE Brille, schielte und hatte offensichtlich auch nicht alle Tassen im Schrank, denn sogar mir fiel auf, dass sie herumeierte und nix konnte.
Neben mir saß ein alter Mann mit einer jüngeren Frau, der mich interessiert beäugte, und mir plötzlich einen Rest Natto aufdrängte. Für den, der nicht weiß, was Natto ist, der kann gern mal hier gucken: Das ist ziemlich eklig. Vergorene Kidney-ähnliche Bohnen, die beim Gären ganz schleimig werden und so Fäden ziehen - EKELHAFT sieht das aus. “Hier, junge Frau, nehmense mal, dat is voll gesund”, sagte der Alte und kicherte leise vor sich hin, weil er schon wusste, was Sache ist. Natto war nun so ziemlich das Letzte, was ich essen wollte, aber man will ja nicht unhöflich sein, und so schon gleich gar nicht Ausländer aufs Kreuz legen, alter Mann.
Es schmeckte tatsächlich gar nicht so schlimm, wie es sich immer anhörte, roch aber ziemlich widerlich. Ich also “MMM LECKER”, er darauf “Wirklich? Sonst schmeckt das Ausländern nie”, der alte Schwerenöter, als hätt ichs nicht geahnt. Dann musste ich ihm und der Frau natürlich erzählen, woher ich komme und warum und so. So kam ich also doch noch zum Japanisch üben mit echten Japanern, die Frau konnte nämlich weder Deutsch noch Englisch, nur der Alte. Aber zum flüssig Reden hätte ich glaube ich auch so ein Becherchen Sake wie der Alte gebraucht, zumindest mein Russisch war nach einem Glas Wodka immer total brilliant.
Immerhin durfte ich auch einmal an seinem Sake-Napf riechen - dann war mir auch klar, warum der alte Mann so redselig war, heiligs Blechle. Er vergaß auch dauernd meinen Namen, wobei ich nicht beleidigt war, denn er vergaß auch ständig den Namen von der Frau, mit der er ja schließlich da war. Immerhin zahlte er dann meine Rechnung mit, und dann gingen wir alle drei noch Kaffee trinken. Der Alte schärfte mir noch ein, ich müsse dringend noch zum Tempel für die in WWII gefallenen japanischen Soldaten (”Like in YOUR country” - der Japaner ist ja da nicht so kritisch, was die Kriegsverbrechen angeht).
Kurz vor Ladenschluss wurde ich dann noch für nächsten Samstag zum Essen eingeladen, man würde mich anrufen (”Gell, Maria, die Hitomi ruft dich dann an” - “Monika” - “Megumi”), da bin ich ja gespannt, ob sich die nächste Woche noch daran erinnern. Na, das war ja genau das Richtige für einen ruhigen Abend. Immerhin war er billig, und einen kleinen verpackten Baumkuchen bekam ich auch noch zum Abschied geschenkt. Schön.
1 response so far ↓
1 Frau C. // Jun 13, 2008 at 5:57 pm
frau mon! schau genau, was für einen sugar daddy du dir an land ziehst. und frag ihn gleich mal, ob er noch kapazität für eine junge dame auf dem golfplatz hat! ;-) weil ist ja eigentlich ganz praktisch: der sugar daddy baggert in japan an japanerinnen und unterstützt uns mit einer kleinen spende!
bei dem mann in unserer autowerkstatt bist du heute übrigens in unermessliche höhen gestiegen, als ich erzählte, du würdest urlaub in japan machen! DOLL!
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