So, meine Lieben, mal wieder was von mir.
Gestern habe ich meinen wohlverdienten Jahresurlaub angetreten und bin, wie ich es ja gerne mal tue, nach Tokio geflogen. Doch von Urlaubsstimmung zunächst keine Spur: Erst musste ich ewig auf den Koffer warten, und dann hatte ich deshalb gerade den Bus in die Stadt verpasst und saß eine Stunde am Terminal rum. Aber bis man zum Zug gelaufen ist, ist auch nicht gerade nah da in Narita, und ich dachte mir: Besser schlecht gewartet als gut gehatscht.
Dann kamen zwei Polizisten und wollten meinen Ausweis sehen. Ui, dachte ich, kaum angekommen, schon verhaftet. Aber man sagte, es sei nichts vorgefallen, man kontrolliere hier nur einfach mal so. Ah, ABM bei der japanischen Polizei, ist ja auch Wirtschaftskrise und so. Der eine drehte also ganz konzentriert stirnrunzelnd dreinblickend meinen Pass hin und her und blätterte umher, bis der andere ihn in die Seite stieß und murmelte “DOITSU”, was heißt “Die gute Frau kommt aus Deutschland” “Aha” ging dem anderen ein Licht auf und er notierte “DOITSU” auf seinem Merkzettel sowie meine Passnummer. (Ich kann die übrigens nie notieren, weil ich nicht weiß, ob das ein O oder eine 0 ist, und dann google ich nach und da steht, dass Passnummern nie ein O enthalten, damit man das auf gar keinen Fall mit der 0 verwechseln kann. Aber das nur am Rande.)
Dann gab man mir den Pass zurück und ich wollte mich gerade wieder einem neuen Bejeweled Rekord widmen, da fiel mein Blick wieder auf den ersten Polizisten, der mir schlapp seine Hand hinhielt. Oi! Die beiden hatten das vermutlich im kulturellen Sensitivitätstraining gelernt: “Ausländer geben sich zum Abschied die Hand!” und wollten auf meine fremde Kultur entsprechend eingehen. Also musste ich “BAIBAI” den Polizisten das fischmäßig herunterhängende Händchen schütteln und stellte mir dabei einen g’standenen bayrischen Beamten vor, wie er “HABEDIEEHRE” einen Japaner nach der Ausweiskontrolle mit einer tiefen Verneigung entlässt. Hmja.
Dann mit dem Bus zum Granbell Hotel in Shibuya - leider habe ich sämtliches Kartenmaterial zu Hause vergessen bzw. es befindet sich in Umzugskartons, und ich musste mit einer Zeichnung arbeiten, die ich händisch zuvor angefertigt hatte. Daher betrat ich das Hotel letztlich durch den Dienstboteneingang, wobei der Vordereingang aussah wie ein Garagentor und schwer zu finden war. In der Straße hinter uns übrigens das TOKO Hotel - was da wohl Bll Kaultz dazu sagen würde.
Das Granbell Hotel ist ein bisschen angeranzt und das Zimmer ist klein, aber eigentlich ganz nett. Und die Klobrille ist angewärmt, dat is ja auch die Hauptsache. Bin aber auch nicht lang im Zimmer bzw. aufm Klo gewesen, sondern gleich rüber in den Tsutaya, shoppen. Habe erst mal zum Eingewöhnen zwei Zeitschriften mit Buben drin (Herr Kitagawa braucht gewiss einen neuen Pool) und zwei CD (on sale für 100 Yen, wer kann da schon Nein sagen) erworben. Dann wollte ich mein Japanisch versuchen, aber ob des Jetlags war es mir nicht möglich, fehlerfrei einen Medium Iced Cafe Latte zu erwerben (auf Japanisch übrigens “Medium Iced Cafe Latte”) und ich verwarf den Gedanken wieder, dass das heute noch klappen würde.
Und das war auch in der Tat fraglich, denn anschließend wollte ich Nudeln essen, und hatte völlig korrekt ob des dort angebrachten Schildes ausgemacht, dass man dem Koch den gewünschten Schärfegrad der Nudeln per Nummerierung ansagen müsse. Ich also forsch mit besten Vorsätzen zum Koch und stolperte dann mental über das japanische Nummerierungssystem (Eins wie “Eins” ICHI? Eins wie “ein rundes Behältnis mit Suppe drin” IPPON? Eins wie irgendwas anderes? ???). Ich fuchtelte also stumm wild mit EINEM Finger in der Gegend herum und der Koch erlöste mich zum Glück mit einwandfreiem Englisch (Inder mit Bruder in Hamburg). Die richtige Antwort war übrigens ICHIBAN für “Schärfegrad NUMMER EINS”, hörte ich nachher bei anderen Leuten. Da ging ich mal lieber zurück in mein Hotelzimmer und guckte noch ein bisschen fern.
Heute dann wollte ich zum Festival der 47 ärgerlichen Samurai, das hatte ich in der Zeitung gelesen, dass das an einem Tempel stattfindet. Ich ging also morgens dorthin, war aber etwas zu früh dran, weil man baute gerade im Tempel noch ganz viele Takoyaki, Okonomiyaki, Sukiyaki und andere -yaki Büdchen auf. -yaki heißt übrigens “gegrillt”, was den vielen Rauch erklärte, der auf den Bildern des Festivals immer zu sehen war. Da mir aber morgens nicht so nach gegrilltem Zeug ist, beschloss ich, nicht beim Festival zu verweilen, sondern weiter nach Kanda in die used bookstores zu wandern.
Als ich dort dann Hunger bekam, erinnerte ich mich an das gestrige Fiasko - kein Problem, da gibt es doch diesen Running Sushi Laden! Running Sushi ist prima, da muss man ja nicht reden, sondern nur Teller vom Band klauen. So dachte ich zumindest in meiner jugendlichen Naivität. Denn: Mittags wird nix aufs Band gestellt, sondern man ruft dem Sushi-Chef zu, was man will und der reicht einem das dann rüber. Zum Glück ist mein Sushi-Japanisch 1a, und ich bestellte sogar das Lunch special (”RANTSCH”).
Wobei der Chef immer nur bei mir extra nochmal nachfragte - was mich verwirrte: wenn ich jetzt mehr gesagt hätte, hätte ich es ja verstanden, aber ich weiß nicht, wieso sich bei mir “Tekka Maki” anders anhören sollte, als wenn es ein Japaner sagt. Meine Theorie ist, dass meine Stimme für eine japanische Frauenstimme total viel zu tief ist, die hören sich ja immer an, als hätte man ein Quietscheentchen mit Helium vollgepumpt (*spontaner Flashback nach 2008: 60.000 kleine Japanerinnen, die EEEEEEEEEEEEA-RA-SHIEEEEEEEEEee quieken*).
Anschließend wollte ich beim 7/11 bisschen Geld abheben, aber der Geldautomat da ging nicht. Auf der Suche nach einem weiteren 7/11 wanderte ich über Ochanomizu nach Akihabara, wo mir spontan eine Karaokebutze über den Weg lief, wo ich natürlich sofort ein zwei drei Liedchen trällern musste. Hier war mein Japanisch wieder 1a, das kannte ich ja schon. Ich trug mich schön auf der Liste ein, doch HALT!
Man hatte eine weitere Option nach “Name” “Alter” und “Zeit wo Sie singen wollen” auf die Liste getan, nämlich vier Sachen, wovon man eins ankreuzen musste. Eins davon war JOY, die anderen sagten mir nichts. Ich also: ??? , der Karaokemann “BLABLA DE GOZAIMASU” (höfliches Japanisch, versteh ich nicht die Bohne), deutet auf die Optionen. Ich wieder: ???, er etwas nervöser “BLABLA DE GOZAIMASU!!!”, deutet auf die Optionen. Ich *Blick wie verfolgtes Kaninchen”, er: *tippt hektisch auf der Kasse* *Hauptsache die crazy Frau geht singen* und reicht mir meinen Kassenzettel.
Meine Vermutung ist, dass es unterschiedliche Karaokemaschinen gibt oder so, weil man sich häufig da bei irgendwelchen Clubs anmelden kann und seine Playlisten schon vorher im Internet zusammenstellen, damit man in der Butze nicht lang suchen muss und mehr Zeit für sangliche Höchstleistungen hat. Grau ist auch hier alle Theorie, was das betrifft. Zumindest sagte das der entsetzte Blick des Ehepaares, das aus Versehen meine Tür aufmachte, als ich (inclusive Disco-Zeigefinger) gerade am Imitieren vom Herrn Yamashita war.
Hinterher war ich noch bisschen Manga-Shoppen, wo ich schon im Nerd-Viertel war, und da das Geld zur Neige ging, suchte und fand ich dann auch einen 7/11 zum Geld-Abhe…NEIN!!! Ein Schild über dem Geldautomaten “Ab heute können Sie in 7/11s nicht mehr mit der ec-Karte Geld abheben”. Eek! Sollte das bedeuten, dass ich mir den Rest des Urlaubs über Singen auf der Straße finanzieren müsste? Das sähe vermutlich finster aus, mir fiel der Blick des Ehepaares wieder ein - obwohl: vielleicht gäben die Japaner mir Yens, um mich zu bewegen, ihr Kulturgut nicht zu malträtieren?
Mit meinem letzten Geld fuhr ich also flugs zurück ins Hotel, wo mir Google zum Glück mitteilte, dass man noch bei der Citibank abheben könne. Vor Freude und mit vollem Geldbeutel lief ich stante pede ins nächste Geschäft und erwarb Elmar den Elefanten:
und ging auch sogleich ein weiteres Mal zum Kaiten-Sushi, wo ich wieder 1a beim Chef bestellte - der nur einmal nachfragte und das auch zu Recht, nämlich, um zu fragen, was ich denn für ein Maki wollen würde, ein Temaki oder ein Hosomaki.
So, und nun muss ich Schluss machen, denn es ist gleich Zeit, auf meinem briefmarkengroßen Fernseher Arashi no Shukudai-Kun einzuschalten - ich seh das so gern in Nicht-Krisselig.
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