Heute wollte ich ja toll nach Meguro, weil mein Reiseführer das ja als hippes Viertel anpries. Woanders hatte ich gelesen, dass hier ursprünglich lauter Autohändler waren, und dann irgendwie Design-Möbelgeschäfte aufgemacht haben und ein tolles Design-Hotel. Daher hip. Als ich nu aber aus dem Bahnhof kam, sah mir die Gegend mehr nach Autohändler als nach hippen Design-Möbelgeschäften aus. Von Hipness keine Spur. Ich hatschte also in konzentrischen Kreisen um den Bahnhof rum, kilometerweit, Berg runter, Berg hoch, aber nirgends was zu finden.
Als meine Füße gerade drohten, abzufallen, fand ich einen sehr schönen Book-Off mit Cafe drin, wo es in der Tat Brezen (!) zu erwerben gab. Ich also 1a Kaffee bestellt und tatsächlich verstanden, was die Verkäuferin zu mir sagte. Bin dazu übergegangen, nicht immer automatisch HAI oder IEEEE zu sagen, wenn ich was nicht verstehe, sondern SUMIMASEN??? (Entschuldigung) was häufig zum gewünschten Erfolg führt, weil dann meine lange Leitung Zeit hat, das Gehörte zu übersetzen. Das sollte ich übrigens vielleicht auch mal auf Deutsch anwenden, da sag ich auch oft automatisch “Jaja!” und dann kriege ich Sachen, die ich gar nicht will, und dann ist es mir unangenehm, zu sagen “äh, das wollte ich eigentlich doch anders”.
Ob meiner schmerzenden Füße und der fehlenden Ortskenntnis beschloss ich, die Designerstores Designerstores sein zu lassen, und statt dessen mit der U-Bahn weiterzufahren und im Stadtteil Naka-Meguro herumzuspazieren, der mir ebenfalls als hip angepriesen wurde. Da war es ganz nett, und sah ein bisschen aus wie in Amsterdam am Kanal, mit Kirschbäumen rechts und links (jetzt natürlich kahl).
Ich kam übrigens dann rein zufällig in einer kleinen Nebengasse bei einem Geschäft vorbei, das sah aus wie ein Apple-Store, nur in schwarz, und vor ihm stand eine Mörderschlange Mädchen an, die von einem fiesen Aufpasser mit Headset grüppchenweise eingelassen wurde. Auf dem Store stand “EXILE id”, und da schwante mir doch, was das für ein Store war, denn EXILE kannte ich: mit EXILE-Postern ist derzeit neben den One Piece-Postern ganz Tokio zugepflastert. Und eine Mörder-Schlange Mädchen nebst Aufpasser kannte ich ja aus dem Johnny’s Store (den hatte ich ja auch zufällig gefunden). Wobei, bei Johnny gibt es ja Zeug von mehreren Bands, aber EXILE braucht vermutlich einen eigenen Store, weil die haben 14 Nasen, die da singen. Oder tanzen, was weiß ich.
Da ich keine Breze beim Book-Off gekauft hatte, sondern nur einen Kaffee, verspürte ich ein leichtes Hungergefühl und wanderte in ein organisches Cafe, um mich wie ein hipper Tokyo-Poser zu fühlen. Drin saßen lauter hippe Leute und lunchten. Man bekam auch einen kleinen Korb, wo man seine Handtasche reintun konnte, damit sie nicht den schmutzigen Boden berühren muss. Wobei, der Boden war sauberer als bei uns in der Wohnung, vielleicht sollte ich für zu Hause auch einen Korb erwerben.
Aber wie in allen Restaurants war es auch im organischen Poser-Cafe verdammt laut. Wenn ein Gast reinkam, schrie der Einweiser “EIN GAST IST REINGEKOMMEN!!!” (oder “ZWEI GÄSTE SIND REINGEKOMMEN!!!!” (je nachdem). Dann antworteten alle Angestellten “HALLO GAST WILLKOMMEN” (IRASSHAIMASEEEEEEEEEEEEEEEEEE) und wenn der Gast wieder ging, schrie der Einweiser “DER GAST GEHT WIEDER” und die Angestellten “TSCHÃœSS DANN GAST”.
Wobei, für japanische Restaurants ist das noch der Best Case, weil wenn man keinen Einweiser hat, schreien alle Angestellten einzeln, sobald sie einen Gast bemerken, “IRASSHAIMASEEEEEEEEEEEEEEEEEE”. Ich weiß nicht, wie das die japanischen Schüler in den Starbucks aushalten, wo die immer zum Hausaufgabenmachen sitzen, weil da kommt ja dauernd jemand zur Tür rein. Ich saß da gestern eine halbe Stunde vor der Kasse und wurde schier wahnsinnig.
Nach meinem Aufenthalt im hippen organischen Cafe aß ich ausnahmsweise KEIN Crepe beim Stand auf der Straße, denn ich wollte ja noch weiter ins weihnachtlich dekorierte Shinjuku, und über dem Herumhatschen war einige Zeit vergangen. Als ich in Shinjuku ankam, war dort aber keine weihnachtliche Beleuchtung auszumachen - vielleicht aber ging sie nur in der generellen Beleuchtungsorgie da unter.
Vor dem Shinjuku-Bahnhof verabreden sich ja immer alle; da denke ich, hat man die gleichen Schwierigkeiten, wie wenn man sich in einer deutschen Fußgängerzone verabredet: “Neben dem Tchibo, da wo der Pimkie ist, vor der Currywurstbude” … in Shinjuku ist es “Vor der blinkenden Leuchtreklame, da wo der steht, der einem Taschentücher reicht, und wo sich die jugendlichen Herumtreiber versammelt haben, deren Kopf aussieht wie eine explodierte Klobürste”.
Ich wanderte also eine Weile durch Shinjuku, inklusive Kabuki-Cho, wobei Kabuki-Cho alleine in der Tat keinen Spaß macht, da sind nur Bars, Sachen, wo man nur ab 18 reindarf, und jugendliche Herumtreiber, deren Kopf aussieht wie eine explodierte Klobürste. Ich überlegte dann noch kurz, ins Kino zu gehen, wusste aber nicht genau, wie man EIN Ticket bestellt (Ticket = flacher Gegenstand, und somit weder ICHI (eins unspezifiziert) noch IPPON (runder Gegenstand) noch ICHIBAN (Schärfegrad) noch IPPIKI (ein kleines flauschiges Tier, was weiß ich, warum ich das zählen kann). Falls es euch übrigens aufgefallen ist: Gestern beim Festival aß ich nur runde Gegenstände (IPPON FTW!).
Unabhängig davon war das Kino aber ziemlich weit weg, und mir taten meine Füße immer noch ziemlich weh. Daher machte ich nur noch spontan einen Abstecher in den Petstore und zählte IPPIKI NIPPIKI SANPIKI kleine Neko-chans. Dann machte ich mich auf Richtung Hotel. Und das war gut so, denn anschließend verlief ich mich wie immer in der bekloppten Shinjuku-Station, und fuhr prompt in die falsche Richtung. Mit dem Expresszug. Nächster Halt: Ikebukuro! Bis ich im Hotel ankam, waren gefühlte Jahre vergangen. Und da bin ich jetzt und überlege, ob ich noch rausgehen soll, Schüssel mit Ramen essen.
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